Polen: Das unterschätzteste Land von Europa!
In diesem Beitrag berichtet Weltweitwandern-Gründer Christian Hlade von seinen Wandererfahrungen in Polen.
Polen ist für mich wirklich das unterschätzteste Land von Europa! Das finde ich wirklich sehr schade, denn man versäumt so viel, wenn man nicht nach Polen reist: Das Land ist voll mit Zeugnissen seines reichen kulturellen Erbes und besitzt obendrein wunderschöne Naturlandschaften – ein Drittel des Landes steht heute unter Naturschutz! An allen Ecken und Enden und auch bei den vielen herzlichen Begegnungen mit den Menschen dort spürt man, dass die Polen eine uralte europäische Kulturnation sind. Polen ist voller positiver Überraschungen und ist für mich nicht nur eine sondern sicher mehrere Reisen wert!
Falsche Vorstellungen & falsche Vorurteile
Von Polen haben viele Menschen ja kaum Vorstellungen und wenn dann sind es oft falsche Vorurteile: „Besuchen Sie Polen, ihr Auto ist schon dort…“ Also das stimmt ganz sicher NICHT, denn Polen ist heute eines der sichersten Länder der Welt. Viele aktuelle Pressemeldungen bei uns kritisieren – oft zu Recht – die aktuelle rechtspopulistische polnische Politik. Wenn man sich aber durch all die Vorurteile und Zuschreibungen nicht abschrecken lässt und nach und durch Polen reist, dann erlebt man eine große Überraschung: Das heutige Polen ist nämlich ein sehr sauberes, sehr grünes, wirtschaftlich blühendes, sehr gut organisiertes und vor allem kulturell unglaublich vielfältiges Land mit sehr gastfreundlichen Menschen!
Uralter Kulturraum Polen
Polen ist wahrlich eine zutiefst europäische Kulturnation: Bereits ab dem 10. Jahrhundert – zu einer Zeit, in der es im westlicheren Europa noch recht frühmittelalterlich-düster aussah – erblühten in Polen bereits Städte wie Krakau, Lublin, Danzig, Thorn zu großem Reichtum. Durch diese Orte verliefen nämlich die „Bernsteinstraße“, eine der wichtigsten Handelsverbindungen zwischen Europa und dem damals viel weiter entwickelten Orient. Entlang dieser regen Handelsrouten gelangten dann auch früh viele jüdisch-stämmige Einwanderer nach Polen. Wechselvolle Allianzen und kleine und größere Fürstentümer prägten über Jahrhunderte das Land.
Durch seine offene, sehr ungeschützte Lage zwischen Osten und Westen war Polen immer starken Einflüssen, Begehrlichkeiten und oft auch Überfällen seiner Nachbarn ausgesetzt – war dadurch aber auch immer in enger Verbindung mit vielen europäischen und asiatischen Kulturen.
Polen ist ja gerade auch uns Österreicher*innen und Deutschen durch unsere sehr viel gemeinsame wechselvolle Geschichte aufs Engste verbunden: Bis zum 2. Weltkrieg gehörten das deutsche „Ostpreußen“ und der Großteil Pommerns an der Ostseeküste Polens noch zu Deutschland und bis zum 1. Weltkrieg stand der ganze Süden des damaligen Polens – mit den Städten Krakau und Lemberg – unter dem Einfluss des Habsburgerreiches. Auch aus diesen Epochen besitzt Polen heute noch viele uralte Stadtkerne und eine reiche Zahl an Schlössern, Burgen, feudalen Palästen und Landsitzen.
Jüngere Geschichte
Am 1. September 1939 erfolgte dann der schreckliche Überfall der deutschen Nazi-Truppen auf Polen, mit dem Adolf Hitler dann den Zweiten Weltkrieg entfesselte. Eine schier unvorstellbare Zahl von sechs Millionen Polen (davon ca. drei Millionen Juden) wurden getötet. Unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg bis zur Wende 1989 „verschwand“ dann das mitteleuropäische Polen hinter dem Eisernen Vorhang. Das klingt alles sehr düster, war es leider auch zum Teil.
Das Bild von Polen heute ist aber ein völlig anders: Die Polen haben seit der Wende einen bespiellosen wirtschaftlichen Aufschwung geschafft und haben inzwischen wirtschaftlich sogar längst die „alten EU-Länder“ Portugal und Griechenland überholt!
Der Eindruck von Polen heute ist der von einem jungen, lebensfrohen, sehr gut funktionierenden und recht wohlhabenden Land. Ich habe Polen zudem als erstaunlich sauber und „aufgeräumt“ erlebt, auch Mülltrennung ist dort anscheinend überall selbstverständlich.
Polen ist Mitteleuropa!
Für mich ist das heutige Polen zutiefst Mitteleuropa. Die Menschen dort kommen mir vor, wie eine Mischung aus deutscher Schaffensfreude und nordeuropäischer freundlicher Zurückhaltung… Zu viel Klischee? – ja sicher 😉
Hier nun noch ein paar Infos und Hintergründe zu unseren Weltweitwandern-Reisen in Polen:
Partnerschaftliche Entwicklung von Reisen
Ich kann mich noch gut an meine erste Begegnung mit unserem Polen-Partner Andreas vor vielen Jahren erinnern: „Ich bin Österreicher und lebe in Warschau – und arbeite dort als Guide für einen polnischen Reiseveranstalter“ – so hat er sich damals bei mir vorgestellt. „…und nun möchte ich nicht nur Polen in der Welt herumführen, sondern auch sehr gerne deutschsprechenden Gästen von Weltweitwandern meine Heimat Polen zeigen. Weltweitwandern ist mein absoluter Wunschpartner, ich möchte unbedingt mit euch arbeiten, weil mir eure Philosophie sehr nahe liegt!“
Mir hat der Andreas und seine Reise-Ideen auch sofort gefallen und Polen war damals für Weltweitwandern zudem ja noch ein weißer Fleck, wir hatten gar keine Reisen dorthin. Nun einige Jahre später – nach Anfängen mit nur wenigen Reisenden, vielem gemeinsamen Feilen an den Programmen und sehr viel Austausch haben sich unsere Polen-Reisen von und mit Andreas zu echten Perlen in unserem Weltweitwandern-Reisen entwickelt! Andreas war mit uns zudem auf anderen WWW-Reisen unterwegs, auf unseren Workshops und Partnermeetings. Wir sind zusammen mit Andreas und vielen anderen WWW-Partnern durch Marokko gereist und haben uns in Madeira ausgetauscht.
Was eine ideale Weltweitwandern-Reise ausmacht
Durch diesen intensiven Austausch haben sich die Reiseprogramme von Andreas (neben Polen auch Österreich, Portugal, Island und Sizilien) zu echten Muster-Weltweitwandern-Reisen entwickelt: In den aktuellen Polen-Programmen – und auch seinen anderen Reisen ist nämlich wirklich alles drinnen, was eine „ideale Weltweitwandern – Reise“ ausmacht: Der Guide ist lokal verwurzelt und kann so viel aus seinem Alltag in dem Land erzählen. Die Wanderreisen bieten eine ausgewogene Mischung aus wunderschönen Naturlandschaften und dem Kennenlernen der örtlichen Kultur. Es gibt immer auch viel Kontakt zu den Menschen vor Ort, wir besuchen lokale Kleinbetriebe und bekommen so viel vom Leben mit.
Masurische Seen und Ostseedünen
Auf unserer Reise „Masurische Seen und die Dünen der Ostsee (www.weltweitwandern.at/europa/polen/masurische-seen-und-die-duenen-der-ostsee/ ) einen Fischer, der selbst Fische aus Eigenfang räuchert. Auch unserer Unterkünfte sind Teil des Reiseerlebnisses: In Masuren werden wir von der Polin Wioletta in einer ehemaligen Papiermühle beherbergt, die dieses wunderschöne Anwesen mit ihrem tunesischen Mann Samir vor dem Verfall gerettet hat und in langjähriger liebevoller Kleinarbeit zu einer wunderschönen, sehr heimeligen und edlen Herberge gestaltet hat. Inklusive polnisch-tunesischer Cross-Over-Küche: Einfach herrlich! Und dazu die traumhafte Lage direkt an einem der schönsten Waldflüsse der Masuren!
An der polnischen Ostseeküste wohnen wir bei der Künstlerin Krystyna, die jedes der Gästezimmer nach einem Motto selbst künstlerisch ausgestaltet hat. So wohnen manche Gäste in einem japanisch-inspirierten Zimmer, andere in einem Zimmer voller Grüntöne, usw. An einem Abend tritt dann dort im Wohnzimmer von Krystyna eine kaschubische Musikgruppe exklusiv für unsere Gäste auf.
In Warschau ist der Besitzer unseres Boutique-B&B Chopin selbst sehr sozial für seine Stadt aktiv, kämpft für bessere Radwege und mehr Begegnungszonen. Die Zimmer dort sind alle mit Kunstwerken individuell gestaltet und jeden Abend kann man im hauseigenen Musik-Salon einen Chopin-Klavier-Abend von heimischen Musikern genießen, die auf diese Weise unterstützt werden. Im hauseigenen Restaurant „Filoksenia“ arbeiten zudem auch Menschen mit Migrationshintergrund und dort wird auch Fair-Trade Kaffee aus eigener Rösterei und der Honig der am eigenen Dachgarten lebenden Stadt-Bienen angeboten. Die Bedeutung des Namens „Filoksenia“ ist übrigens das Gegenteil der Xenophopie und bedeutet Gastfreundschaft, „Liebe zum Fremden“….
Polens Osten
Eine noch relativ neue Weltweitwandern-Reise führt uns durch Polens Osten. (www.weltweitwandern.at/europa/polen/polens-osten-suempfe-fluesse-urwald/ ) Dabei kommen wir vor allem durch Gegenden, die touristisch noch ziemlich unbekannt sind. Vor allem Wanderreisen werden in diese Region noch sehr wenige Angeboten, dadurch sind wir Weltweitwanderer oft fast alleine auf den Wegen unterwegs. Dies erwägt ein bisschen den Eindruck, dass wir als eine der ersten deutschsprachigen Wanderreisenden ein neues, wunderschönes und ursprüngliches Gebiet erkunden. Das macht diese Reise zu einer Nische auch unter den Wanderreisen in Polen. Highlights sind dabei die historischen Renaissance-Städte und Städtchen Kazimierz Dolny, Lublin und Zamość, die fast einen südeuropäischen Eindruck machen, sowie der Białowieża-Urwald, der heute als der letzte große Urwald im mitteleuropäischen Flachland gilt.
Dazwischen erkunden wir sehr viel ursprüngliche Natur in vier verschiedenen Nationalparks und Naturparks: das Hügelland Südostpolens, die Sumpflandschaft Polesiens (ein Ausläufer der sehr weitläufigen Pripjat-Sümpfe), das lieblich-romantische Durchbruchstal des großen wilden Flusses Bug, sowie eben den berühmten Urwald, wo wir uns am längsten aufhalten. Diese Reise wird immer zusätzlich zum Wanderguide von einem polnischen Naturkundler begleitet, da es besonders in dieser Gegend viel zu entdecken gibt: wild lebende Ponys, Sumpfschildkröten, seltene Vögel, aber vor allem die Wisents. Schon zum Morgengrauen brechen die „Willigen“ mit dem Naturkundler auf zur „Jagd“ nach diesen auch „Europäische Bisons“ genannten Tieren. Fast immer entdecken wir ein paar Tiere, in den weitläufigen Waldgebieten Białowieżas leben wieder ein paar Dutzende dieser in freier Wildbahn früher bereits ausgestorbenen Tiere. Alle dieser heute in Białowieża wieder anzutreffenden Tiere sind Nachkommen der letzten, in Zoos, überlebenden Tiere.
Unsere Unterkunft im Urwald in einem kleinen Holzfällerdorf ist in einem sehr traditionellen „Urlaub am Bauernhof“ mit kleinem, hauseigenem Freilichtmuseum. Überhaupt sind die meisten Häuser in den Dörfern, auch in unserer Unterkunft, die aus mehreren traditionellen Holzfällerhäusern besteht, sehr traditionell. Holz ist weiterhin ein populäres Baumaterial. Auch durch die hauseigene, typisch polnische Küche und einen Musiker, der uns das Lagerfeuer dort so richtig genießen lässt geht es uns dort richtig gut. Nicht nur dort, vorher nächtigen wir in einem schön renovierten Landpalast aus Holz und in einem ehemaligen Kloster in der Altstadt Lublins.
Polen-Bücher & Infos
Mazurka – Der Roman Polens von James A. Michener: Sehr gut zu lesender historischer Abriss über Polen
Tod in Breslau (und weitere Titel) von Marek Krajewski: Oft etwas blutdrünstige aber sehr empfehlenswerte Polen-Krimis mit viel geschichtlichem Hintergrund
Der Boxer, Morphin, Das schwarze Königreich von Szczepan Twardoch: Sehr schräge historische Romane von einem neuen polnischen Autorenstar